Zitat

Wer keinen Sinn im Leben sieht, ist nicht nur unglücklich, sondern kaum lebensfähig.
- Albert Einstein

www.pixelio.de, Fotograf: Marco Barnebeck

Hier ist noch einmal der Post zum Gesprächscafé vom 29. November 2007, Thema: Gastfreundschaft

Am 29. November fand also zum ersten mal das Gesprächscafé „Mein Name ist Mensch“ statt. In geselliger Runde saßen wir zusammen und tauschten uns über das Thema Gastfreundschaft aus. Für eine gemütliche Atmosphäre war mit afrikanischen Stoffen, Palmwedeln und Bildern gesorgt worden. Um das leibliche Wohl kümmerte sich der EineWelt Laden mit Knabbereien, Schokolade und Getränken. Insgesamt: Ein interessanter, anregender Abend im kleinen feinen Rahmen von ca. 20 Besuchern. Besonders geschätzt wurden die anschaulichen und teilweise lustigen Beispiele aus dem täglichen Leben, die die zwei geladenen Referenten Gerhard Hirschmann und Nguyen Tién Dúc anschaulich vortrugen. Beide berichteten ausführlich von persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen mit Gastfreundschaft und Situationen aus ihrem Alltag. Ein kleines Highlight war der kleine Auftritt Herrn Ducs mit seinem einsaitigen Instrument „Dan bao“, das er mit einem Zahnstocher spielte. Die Saite wird mit einem Plektron angerissen (oder eben mit dem Zahnstocher) und mithilfe des Schwellers kann der Ton verändert werden. Das klingt dann in etwa wie eine Mischung aus sanfter E-Gitarre, schüchternem Synthesizer und verträumten Didgeridoo. Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Gastfreundschaft findet man für Gastfreundschaft folgende Definition: „Gastfreundschaft ist die freundliche Gesinnung, die einem Besucher bei seiner Beherbergung, Bewirtung und Unterhaltung entgegengebracht wird.“ Ist das Grundprinzip die Gegenseitigkeit - erhofft man sich selbst, unter ähnlichen Bedingungen, gastfreundliche Aufnahme? Nein, meint Weltbürger G. Hirschmann, es ist keine Forderung nach Gegenseitigkeit, sondern eine reine „Bringesache“. Für N. T. Duc, wie für die meisten Vietnamesen, ist es eine Ehre und Freude, einen Gast empfangen zu dürfen. Der redefreudige und passionierte Esperantosprecher und Afrikareisender G. Hirschmann erzählte vor allem von seinen umfangreichen Erlebnissen auf dem Schwarzen Kontinent, auf dem er stets besonders freundlich empfangen wurde. Denn trotz der Not (oder gerade deswegen) sind die Afrikaner ganz besonders herzlich und gastfreundlich, obwohl die Gastgeber durch die Aufnahme von Menschen schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten können, weil sie dem Gast immer nur das Beste vorsetzten und wenn es das letzte Stück Fleisch ist. Ist man selbst in dieser Situation sollte man aber dennoch auf keinen fall ablehnen, denn das wird als schlimme Beleidigung empfunden. Er erlebte auch immer ein entgegenkommendes Verhalten der Afrikaner, die gern auf europäische Bedürfnisse wie Besteck und vegetarisches Essen, eingehen. Nach G. Hirschmann wird man als Gastgeber „selbst bereichert“, es macht Spaß Gastgeber zu sein und man lernt dazu. Den Spiegel der Erkenntnis hielt uns N. T. Duc vor, für den Gastfreundschaft in der ersten Zeit in Deutschland etwas gewöhnungsbedürftig war: zuerst wird ein Termin ausgemacht, Pünktlichkeit wird groß geschrieben, die Tischdecke akkurat 20 cm unter der Tischkante, der Tisch ordentlich gedeckt, das Essen ist exakt zu dem Zeitpunkt des Erscheinens des Gastes fertig, und alles ist niveauvoll hergerichtet. Ganz anders in Vietnam: Dort ist man auch willkommen, wenn man unangemeldet erscheint, alles ist spontaner und Termine werden nur ungefähr eingehalten. Ist man also um sieben zum Abendessen eingeladen, geht man 18:30 Uhr eben noch mal schnell ins Kaufhaus, um 19:00 Uhr kommt man dann zu haus an und macht sich fertig für den Besuch, um 19:45 Uhr klingelt man beim Gastgeber... Auch das Essen ist meist noch nicht fertig und der Gast hilft dann auch gern beim Kochen. Außerdem isst man natürlich auf dem Fußboden, ohne Tischdecke. Auch für N. T. Duc hat der Gast eine große Bedeutung und soll in jedem Fall „etwas Angenehmes bekommen“. Dass der Gast eine herausragende Stellung hat, wird bei einem Brauch des vietnamesischen Tetfestes deutlich. Dort bringt der erste Gast im neuen Jahr, der über die Türschwelle tritt Glück, wenn er ein „ordentlicher“ Mensch ist, ist er keine gute Seele, bringt er Unglück. Nach dem Vietnamkrieg bewiesen die Einheimischen besondere Gastfreundschaft, als sie die US-Amerikaner, die ehemalige Kriegsschauplätze besuchen wollten, freundlich und herzlich aufnahmen, denn jetzt waren es ja keine Feinde mehr sondern Gäste. G. Hirschmann informierte auch über das Esperantoadressverzeichnis, in dem potentielle Gastgeber ihre Adressen veröffentlichen und damit wild fremden Menschen ermöglichen, bei ihnen zu übernachten. Für die meisten Deutschen unvorstellbar. Aber Gastfreundschaft hat auch etwas mit interkultureller Kompetenz zu tun. Zum Beispiel weiß nicht jeder, dass in Vietnam Schmatzen ein Zeichen dafür ist, dass es einem gut schmeckt. Aber auch negative Aspekte der Gastfreundschaft sollten nicht vergessen werden. G. Hirschmann berichtete auch von einer Situation, in der er lieber nicht Gast sein wollte um den Einladenden nicht in den Ruin zu treiben. Außerdem bereitet in Westafrika die Verwandtschaftssolidarität vielen Menschen ein Problem: Bemerken Verwandte, dass ein Familienmitglied finanziell besser gestellt ist, nisten sie sich auf längere Zeit bei ihnen ein und lassen sich durchfüttern. Fassen sie dann doch den Entschluss zu gehen, dann werden sie von den gastfreundlichen Verwandten zurückgehalten: “Nein, bleib doch noch bis Ramadan“ oder „Ach bleib doch noch ein bisschen. Bald ist Regenzeit“ Das nächste Gesprächscafé findet am Donnerstag, 20. Dezember, 19.00 statt. Zu Gast: Axel Schneider und Amadeu Vembane zum Thema "Sitten und Gebräuche"

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