Zitat

Wer keinen Sinn im Leben sieht, ist nicht nur unglücklich, sondern kaum lebensfähig.
- Albert Einstein

www.pixelio.de, Fotograf: Marco Barnebeck

Gesprächscafé Reloaded

Am Donnerstag, den 20. Dezember 2007 um 19.00 Uhr war es wieder so weit: Das Gesprächscafé fand ein zweites mal im einewelt haus Magdeburg statt. Diesmal stand das Thema Sitten und Gebräuche im Mittelpunkt des Gespräches. Dazu waren die Gäste Amadeu Vembane und Axel Schneider geladen. Beide hatten viel zu berichten, denn Ersterer beschäftigte sich wissenschaftlich mit Bräuchen um Halloween, St. Nicolaus, Silvester, Fastnacht, Weihnachten und anderen. Der gebürtige Mosambikaner Amadeu Vembane erschloss sich das Thema dagegen über das persönliche Leben zwischen zwei Kulturen.
Obwohl das Publikum nicht so zahlreich erschien wie bei der Premiere, war es doch wesentlich reger als in der ersten Runde, so dass die allgemeine Atmosphäre nicht darunter litt.
Anlässlich der bevorstehenden Feiertage kam man natürlich nicht umhin über Weihnachten zu sprechen. Woher kommt der Brauch mit dem Weihnachtsbaum? Ist Coca-Cola wirklich Schuld am rot-weißen Mantel des Weihnachtsmannes? Und wie feiert man eigentlich in Afrika Weihnachten? Auch die Kommerzialisierung von Bräuchen und Konsumzwang kamen nicht zu kurz. Über den weniger bekannten Brauch Lichtmess wusste Axel Schneider ebenso viel zu berichten. Anschaulicher wurden seine Ausführungen durch ein Video, das er mitgebracht hatte.
Doch das war noch längst nicht alles: Als Gesprächscafégast erfuhr man auch noch ganz andere interessante Dinge, zum Beispiel, dass nicht überall der Storch die Kinder bringt, sondern in Meeresregionen Meerestiere diese Aufgabe übernehmen. Generell gibt es zwei Möglichkeiten, auf die Sitten und Bräuche aufbauen können: Einmal ist das der christlicher Kalender (Weihnachten, Ostern, Pfingsten, St. Martin...) und zum anderen der persönlicher Lebenslauf (Geburtstag, Jugendweihe, Schulabschluss, Hochzeit, ...). Der Export von Bräuchen wurde ebenfalls heiß diskutiert. Die Paradebeispiele hier ist natürlich Halloween. Dieser irische Brauch wurde im 19. Jahrhundert von Emigranten nach Nordamerika gebracht und von dort aus von US-amerikanischen Soldaten nach Deutschland. Ein anderes Beispiel sind die Veranstaltungen zum letzten Schultag. Doch Bräuche werden nicht nur exportiert, sondern auch vermischt. Die Hochzeit beispielsweise wurde in den letzten Jahrzehnten stark amerikanisiert vor allem durch Hollywoodhochzeitsfilme. Das Autohupen zum Beispiel ist typisch amerikanisch. Eine Drive-in Kirche gibt es aber noch nicht in Deutschland. Doch nicht nur die USA haben Einfluss auf unsere Traditionen. So hat das Schmeißen von Reis einen asiatischen Ursprung. Andere Traditionen dagegen bleiben erhalten: Das Baumstamm durchsägen oder das Tragen der Braut über die Türschwelle sind bodenständig gewachsen. Aber Bräuche verändern sich auch einfach. So sollte sich die Braut früher bis zur Messe nur unter Frauen aufhalten, was heute in der Regel nicht mehr eingehalten wird. Diese Vermischung und Amerikanisierung wird natürlich besonders durch die Medien gefördert. Ob gut oder schlecht – das muss jeder für sich selbst entscheiden. Einerseits Horizonterweiterung, andererseits besteht auch die Gefahr, dass man unter Umständen keine wirkliche Beziehung zu den übernommenen Traditionen hat. Zum Beispiel haben die meisten Afrikaner keine Beziehung zu Weihnachtsbäumen und Schnee, aber trotzdem werden künstliche Bäume mit Pseudoschnee dekoriert.
Wenn er einen Feiertag oder einen Brauch einführen könnte, würde Amadeu einen Familientag einführen, an dem Äußeres, Konflikte und Außenwelt keine Rolle mehr spielen, nur noch die Familie steht im Mittelpunkt. Aber eigentlich „brauchen [wir] [...] nichts neues“, meint Amadeu Vembane, stattdessen sollte wir uns lieber auf die vorhandenen Traditionen rückbesinnen. Für den Europäer ungewöhnlich bis unangenehm anmutende afrikanischen Bräuche sind die Todesrituale. Das basiert auf der großen Bedeutung, die die Familie auf dem schwarzen Kontinent hat. Nachdem jemand gestorben ist wird zuerst eine Trauerzeit eingehalten, dabei wird über den Toten zu hause gewacht. Es wird viel geweint, geredet und getrauert. Aber danach feiert das gesamte Dorf den Tod des Verstorbenen, unter 30 Teilnehmern geht da gar nicht. Zur Verabschiedung wird ein regelrechtes Volksfest abgehalten mit Tanz, Gesang und gutem Essen. Unter Umständen werden dann im nächsten Jahr zum Todestag die Leichenreste wieder ausgegraben um ein weiteres mal zu feiern. Daran erkennt man die hohe Stellung der Familie. Der Hype der Bräuche in der letzten Zeit war ebenfalls ein wichtiger Punkt. Durch Bräuche versucht man Touristen anzulocken, beispielsweise erfuhr der Jakobsweg in letzter Zeit großen Zulauf, nicht zuletzt wegen Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg“ Ohne diese Publicity wären viele Traditionen längst ausgestorben.

So, nun wollen wir diskutieren!

· Welche Bedeutung haben Sitten und Bräuche für dich?
· Welche praktizierst du selbst?
· Zu welchen hast du eher ein gespaltenes Verhältnis?
· Welche kuriosen Sachen hast du in bezug auf Sitten und Gebräuche schon erlebt?

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Wer noch mehr wissen will -> Die außführliche Fassung dieses Textes befindet sich im Archiv (01/06/08).

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